Die für heute angesetzte Therapie musste verschoben werden.
Meine NEUTH# (Neutrophile) ist zu niedrig um die Chemotherapie oben drauf zu geben.
Die Neutrophile ist ein Bestandteil des Immunsystem des Körpers. Ab einem Wert unter 0.5/Mikroliter spricht man von einer Aplasie.
Um die Leukozytenproduktion anzuregen, habe ich ein Rezept für Spritzen mit einem Aufbaupräparat erhalten welches ich mir heute und morgen spritzen muß.
Als Ursache für die Neutropenie vermutet die Ärztin entweder das Antibiotikum oder Überbleibsel der Erkältung die ich hatte.
Der nächste Anlauf ist für Montag geplant. Vorher werden die Werte nochmal geprüft.
Nach meiner Odyssee die ich erleben musste, durfte ich für zwei Wochen nach Hause.
Diese zwei Wochen haben wir genutzt um zum einen, einen schönen Urlaub mit meinem besten Freund zu machen und zum anderen die Ruhe zu genießen.
Die Zeit hat richtig gut getan um den Kopf frei zu bekommen und den Körper ein wenig auf die weitere Therapie vorzubereiten.
Die nächste Therapie hat gestern begonnen.
Ich bekomme vier mal die R-CHOP Therapie und zusätzlich über zwei Jahre eine Tablette.
Den ersten „neuen“ Zyklus bekomme ich stationär, die Ärzte wollen sicher gehen, dass meine Nieren ihre Funktion behalten. Mein in Aufenthalt im Krankenhaus soll sich nur auf ein paar Tage beschränken.
Es ist mehr als einen Monat her das ich mich das letzte Mal gemeldet habe. In der Zeit ist sehr viel geschehen. Durch die Ereignisse die ich in den nächsten Zeilen schildern möchte, fehlte mir die Kraft und auch der Sinn hier etwas zu veröffentlichen.
Aber beginnen wir mit dem Zeitpunkt des letzten Beitrags.
Am 28.02. ist nicht mehr viel geschehen. Ich erhielt eine Aufbauspritze für Trombozyten und Leukozyten und der Port-Katheter wurde mir eingesetzt. Das einsetzen lief ohne Komplikationen.
Da ich ohne Probleme oder Symptome war, wurde ich am 01.03. morgens nach Hause entlassen. Ich war froh nach Hause zu dürfen und rief meine Frau an damit sie mich abholen kommt bevor meine Kinder nach Hause kommen.
Meine Kinder bekam ich später als gedacht zu sehen, denn ich war so müde und erschöpft das ich mich erst einmal hingelegt habe und bis nachmittags geschlafen habe. Aber ich habe es geschafft mit meiner Frau zusammen meinen Sohn aus der Kita zu holen.
Aber damit war mein Tag beendet. Ich war fix und fertig.
In der darauf folgenden Nacht bekam ich Schüttelfrost, ich habe dennoch kein Fieber gemessen. Das habe ich erst am folgenden Morgen gemacht.
Resultat, 38,8°C. Für einen Krebspatienten bedeutet das im Gegensatz zu einem gesunden Menschen schon Fieber. Ich rief in der Klinik an und fragte was ich tun soll.
Ich sollte über die Notaufnahme rein kommen, was ich auch tat.
In der Notaufnahme wurde nochmals Temperatur gemessen, es wurde Blut abgenommen und ich wurde untersucht. Nach langem hin und her wurde ich auf der Notaufnahmestation aufgenommen und für eine Nacht in einem Zimmer ohne Fenster untergebracht.
Nach der Nacht kam ich auf meine „alte“ Station. Es folgten weitere Untersuchungen, Blutentnahmen usw…
Es wurde mir zu guter letzt gesagt das meine Nieren nicht mehr funktionieren würden. Ich merkte zwar nichts davon, aber die Werte sprachen für diese Tatsache.
Das die Nieren nicht mehr funktionieren, merkte ich in der Nacht vom 3. auf den 4. März. Ich bekam Halluzinationen. Bilder bzw Filme im Kopf die einem Horrorfilm wirklich sehr nahe kommen.
Ich meldete das natürlich. Was noch mehr Untersuchungen zur Folge hatte. Es folgte eine Zeit mit wenig Schlaf.
Am 08. März erfuhr ich morgens das ich ab mittags Dialyse bekommen werde. Zum einen freute ich mich darüber, denn es bedeutete das die Träume aufhören würden, zum anderen machte es mir Angst.
Es war wie es war. Ich wurde mit meinem Bett zur Dialyse gefahren wo mir erstmal ein weitere Port gelegt wurde.
Auch das hat ohne weitere Komplikationen geklappt. Die erste Dialyse konnte starten. Es folgten in der gleichen Woche zwei weitere. Danach hatte ich bis Montags Pause.
Zusätzlich erhielt ich hochdosiert Wasser abfuhrende Medikamente, die ihre Wirkung zeigten, denn ich konnte auf einmal wieder pullern.
Bei der vierten Dialyse hatte ich auf einmal, ich nenne es immer „Party in der Brust“. Mein Herz spielte verrückt, meine Arme und Beine waren ganz umruhig und zittrig. Die Dialyse wurde abgebrochen und ich wurde aufgrund des hohen Puls und Blutdrucks untersucht.
Ein Infarkt konnte zum Glück ausgeschlossen werden. Es war zum Glück „nur“ Vorhofflimmern.
Mit Medikamenten konnte das Flimmern abgestellt werden und die Dialyse konnte weitergehen. Dieses und das nächste Mal verliefen ohne Probleme.
Nach der fünften Dialyse wurde eine Pause gemacht und meine Nierenwerte wurden ohne die Reinigung durch die Maschine geprüft.
Die Werte besserten sich sodass die Wassertabletten und auch die Herzmedikamente abgesetzt werden konnten.
Nach vielen Untersuchungen, vielen Sorgen und Ängsten wurde ich letztendlich am 28.03. nach rund fünf Wochen Krankenhausaufenthalt nach Hause entlassen.
Zu meinen Medikamenten gehört seitdem ein Blutverdünner und zwei Virenhemmer.
Das es so schnell geht, damit habe ich nicht gerechnet.
Es ist Zeit sich von den Haaren zu verabschieden, das mir die Haare ausfallen ist mir an meiner Maske aufgefallen.
Ich hatte sie verkehrt herum auf meinem Tisch liegen und sah schwarze striche in meiner Maske. Als ich mir diese näher betrachtete fiel mir auf, das es meine Barthaare sind die sich in meiner Maske festgeklemmt hatten.
Es werden jeden Tag mehr Haare die ausfallen. Ich finde es nicht weiter schlimm, weil ich meine Haare schon immer sehr kurz getragen habe. Die einzigen Haare denen ich hinterher trauern werde, sind mein Barthaare.
Denn das was da ist, bzw. war habe ich mühevoll herangezüchtet. Aber ein kleiner Lichtblick ist, das die Haare wiederkommen werden wenn die Therapie irgendwann beendet ist.
Trotzdem ist jetzt wahrscheinlich die beste Zeit das letzte Vorher-Bild mit Haaren zu machen.
Der vierte Tag begann mit einer bösen Überraschung.
Als ich heute morgen wach wurde fühlte ich mich richtig krank. Es fühlte sich an als wenn ich eine Grippe bekommen würde.
Als der Pfleger hineinkam gab ich Ihm direkt einen Hinweis auf mein Beschwerden. Er machte einen Abstrich um Corona oder eine Grippe auszuschließen. Das Ergebnis steht noch aus.
Ich bekam etwas gegen meine Übelkeit aber auch etwas gegen die Kopfschmerzen und legte mich wieder hin. Auf mein Frühstück hatte ich keinen Hunger. Also blieb es stehen, ich schlief bis zum Mittagsessen durch.
Durch das Medikament geben Übelkeit zeigte seine Wirkung. Mein Mittagessen habe ich langsam aber auch noch nicht so richtig mit Hunger gegessen.
Aber es ging bergauf.
Nach einem weiteren Nickerchen fühle ich mich wieder etwas lebendiger. Wenn das die einzigen von mir nicht erwarten Nebenwirkungen sind, bin ich zufrieden.
Die letzte Nacht war so lala. Zwar hatte ich keinen lästigen Schlauch mehr am Arm dafür war meine Nase oft total dicht, und das ganze Wasser wollte wieder raus.
Apropos Wasser, mein Körper hat in den letzten zwei Tagen rund 5,2 Kilogramm Wasser eingelagert.
Mein Aufnahmegewicht am Donnerstag war 103.8 kg 😵💫 gestern Abend vor dem Schlafen gehen hatte ich 108 kg auf der Waage.
Das wiegen gehört hier auf Station zur täglichen Routine. Genauso wie das Themperaturmessen und die Erhebung der anderen Vitalwerte.
Heute morgen waren es dann nur noch 105,9 kg.
Gleich bekomme ich nochmal das Cytarabin. Das läuft dann wieder eine Stunde. Damit sind die Chemoinfusionen für diesen Zyklus abgeschlossen.
Ich muss dann nur noch die mir bekannten Tabletten plus in der Zeit im Krankenhaus noch weitere nehmen.